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Astronautenträume



Erst als dieses Blau sichtbar größer wurde, wachte er aus seiner Lethargie auf.
Bald verdeckte es die Sterne und er fühlte sich in seiner Einsamkeit gestört. In der Mitte dieses Nebels schälte sich etwas heraus. Doch erst als diese Wolke ihn erreicht hatte, konnte er Konturen erkennen. Es war mit nichts vergleichbar, dass er je gesehen hatte. Einerseits schien es nach hinten kein Ende zu finden, andererseits, wenn er den Kopf nur ein wenig drehte, verschwand dieser Eindruck und es entpuppte sich eine zweidimensionale Form heraus. Darin waren alle Geometrischen Figuren die man sich vorstellen konnte. Sie alle gingen ineinander über. Die Farbe veränderte sich je nach Blickwinkel, und nach und nach verschwand der blaue Nebel. Nun entschleierte sich eine fast durchsichtige Sphäre um das Gebilde herum. Die Kugel kam ihm immer näher. Als er meinte sie mit der Hand berühren zu können, und er es tatsächlich versuchte, zersprang sie wie eine Seifenblase und zerstob in einem Funkenregen um ihn herum.
Bis gerade eben hatte er es hingenommen, als wäre es nur ein Traum. Doch die Funken hatte er durch den Anzug spüren können. Es war ein leichter Druck der ihm nur auffiel, weil er ihn einzig auf der Vorderseite seines Raumanzuges wahrgenommen hatte. Als seine erste Verwirrung verflogen war, und sich alles um ihn herum wieder normal darstellte, hörte er wie von weit entfernt, dass sein Name gerufen wurde. Er wollte sich umdrehen, doch aus irgendeinem Grund war dies nicht möglich.
„Hab keine Angst!“
Das konnte kein Traum sein, dachte er sogleich. Er empfand absolut keine Angst. Das war ihm hundertprozentig bewusst. Und das passte nun überhaupt nicht in diese merkwürdige Situation. Soweit er konnte, sah er sich um. Nichts! Außer die weit entfernten Sterne.
„Na! Wie fühlst du dich?“
Wieder diese Stimme. Warum auch immer, aber er wusste genau, dass er sie noch niemals zuvor gehört hatte.
„Bitte?“ Brachte er zaghaft heraus.
„Wie fühlst du dich?“ Fragte die Stimme wieder ohne auch nur den Ansatz von Ungeduld.
Er überlegte kurz. Eigentlich hatte er noch nicht darauf geachtet. Jetzt fiel ihm lediglich auf, dass er Schmerzen jeglicher Art nicht spüren konnte.
„Ich glaube, es geht mir gut!“ Antwortete er zögernd.
Ein lautes Lachen schallte auf ihn hernieder.
„Was soll das Gelächter? Und wo bist du überhaupt?“ Ein Gedanke überkam ihn. „J.C.? Bist du das? ... Also, wenn dem so ist, dann holt mich doch bitte wieder an Bord. Meine Sauerstoffanzeige scheint defekt zu sein, und ich weiß nicht wie lang ich noch habe, bis mir die Puste ausgeht.“
Das Lachen ging so schnell wie es gekommen war.
„Ich bin nicht J.C.!“
Irgendetwas sagte ihm, dass es sich tatsächlich so verhielt. Er atmete tief ein.
„Also, gut! Wer bist du und wieso sehe ich dich nicht?“
Wieder ein kurzes Lachen.
„Wer ich bin tut nichts zur Sache. Schön, dass du noch nicht den Verstand verloren hast. Ich bin auf einer Ebene die dir verborgen bleibt.“
„Wie soll ich das verstehen? Bist du Gott? Oder einer seiner Handlanger?“
„Nein, nein! Obwohl… Wenn ich es mir überlege… vielleicht bin ich es ja wirklich.“
„Na klasse! Ist der letzte mit dem ich mich unterhalte ein Irrer? Oder haben mich schon alle sieben Sinne verlassen?“
Wieder dieses Lachen.
„Nein, ich bin sicherlich nicht irre, und du auch nicht verwirrt. Ganz bestimmt sogar“, sagte die Stimme aus dem Nichts.
„Und was soll das hier werden?“
„Ich wollte dir nur ein bisschen Gesellschaft leisten. Aber wenn du nicht willst, kann ich auch wieder gehen.“
„Nein! Ist schon gut. Du sagtest, du kämmst aus einer anderen Ebene. Wie meinst du das?“
„Na ja! Eigentlich bin ich da immer noch. Das ist der Grund dafür, dass du mich nicht siehst. Mal sehen. Wie kann ich es dir verdeutlichen? Also… Das Universum ist nicht wie du es dir vorstellst.“
“Jetzt holst du aber weit aus! Und woher weißt du wie ich es mir vorstelle?“
„Immer mit der Ruhe! Das will ich dir ja erklären. Aber unter uns: Du hast noch nie wirklich darüber nachgedacht.“
„Das kann ich so nicht stehen lassen! Gerade unser Physik-Professor hat mit uns viel darüber philosophiert.“
„Papperlapapp! Natürlich hat er es. Aber verstanden hast du nichts davon. Na ja! Jedenfalls nicht das Wichtigste“. Die Stimme klang zum ersten Mal leicht verärgert.
„Okay! Dann erklär es mir jetzt!“
Nach kurzem Zögern setzte die fremde Stimme ihre Ausführung fort.
„Das Universum ist etwa so wie ein Buch.“
Jetzt musste auch er laut lachen, wurde aber gleich wieder zur Raison gebracht:
„Erdling! Daran ist nun echt nichts Witziges.“
„Entschuldige! Also ein Buch, ja?!“
„Es ist nur eine Metapher. Ich halte nun dieses Buch in meinen Händen. Es hat einen Anfang: Physikalisch der Big-Bang. Und es hat ein Ende…“!
„Moment mal! Wenn ich mich nicht irre, dann strebt das Universum auseinander. Und zwar bis zur Unendlichkeit.“
„Nun, von dir aus scheint es so. Aber alles hat mal ein Ende. Es gibt eine Konstante die alles im Universum zum Stillstand bringt. Wenn eines Tages alles erkaltet, sich dem absoluten Temperaturnullpunkt nähert, dann bleibt sogar die Zeit stehen.“
„Wie bitte?“ fragte der Pilot verblüfft.
„Warte mal! Kennst du dich mit Quanten-Physik aus?“
„Nicht wirklich!“
„Na gut! Vergiss es! Und somit sind wir wieder beim Buch. Es ist für mich immer gleich. Ich nehme es, und blättere darin herum… Es hat so extrem viele Einzelheiten, dass es dir Unendlich vorkommen würde. Falls du es lesen wolltest! Wo war ich gerade?“
„Du blätterst darin herum hast du gesagt.“
„Genauso ist es. Du bist Bestandteil dieses Buches. Und ich habe deine Seite aufgeschlagen.“
„Moment mal! Lass mich nachdenken… Heißt das, dass die Zukunft wirklich schon geschrieben steht? Meine Zukunft auch?“
„Genau!“
„Aber ich kann sie doch ändern?“
„Ich meinte es erst, als ich sagte, dass du ein Teil des Buches bist.“
„Wie ist das zu verstehen? Ein Teil des Buches!“
„Genauso… Hast du schon mal gesehen, dass ein Buchstabe etwas an der nächsten Seite ändern kann? Oder an sich?“
„Moment! Ich kann mich doch entscheiden welchen Weg ich einschlage. Ich meine, es ist doch nicht vorhersehbar wie ich mich entscheide. Zum Beispiel könnte ich meinen Helm jetzt öffnen und einfach sofort sterben, oder warten bis mir die Luft ausgeht.“
„Ja! Das könntest du. Doch dein Entschluss steht hier schon fest. Zeit spielt für das Buch keine Rolle. Sie ist Bestandteil des Buches.“
„Das wird mir langsam zu viel. Woher weiß ich überhaupt, dass es dich wirklich gibt? Vielleicht bist du nur ein Traum?“
Für ein paar Sekunden kam keine Antwort, und er glaubte schon dieses Gespräch wäre tatsächlich das Ergebnis seiner Einbildung.
„Ob ich ein Traum bin oder nicht, ist irrelevant. Ich leiste dir nur Gesellschaft.“




To be continue!